Brütend, brutal, bewegend – Ironman Klagenfurt 2025

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Mein diesjähriges Langdistanzprojekt war der Ironman Klagenfurt. Die Strecke ist bekannt für ihre landschaftliche Schönheit, der See gilt als traumhaft, und der Ironman Austria hat einen guten Ruf. Nur das frühe Renndatum Mitte Juni habe ich im Training oft verflucht: zu kalt, zu nass, zu dunkel. Dass mich das Rennen mit einer Hitzeschlacht „entschädigt“, ist schon fast ironisch.

Von Registrierung bis Neopren – die Tage davor

Die Tage vor dem Rennen vergehen wie im Flug: Registrierung, Strecken erkunden, Wettkampfbesprechung, etwas Training, viel Essen, Sachen packen, Rad einchecken, ausruhen – und zwischendurch versuchen, irgendwie cool zu bleiben.

Aufstehen, aufdrehen, auf zum Start!

Der Wecker soll am Sonntag um 3:30 Uhr klingeln. Ich wache schon um 3:25 Uhr gut gelaunt auf – was will man mehr? Ein kleines Frühstück, alles schnell zusammengepackt, dann ab zum Ort des Geschehens. Dort herrscht schon reger Betrieb. Leider gibt es keine Einweiser, und so wird es eine kreative Parkplatzlotterie.
Wir ergattern noch einen legalen Platz. Andere parken auf dem Grünstreifen. Das wird später mit einem Knöllchen bestraft und sorgt für Aufregung in der Presse am nächsten Tag.

In der Wechselzone wird noch einmal Luft aufgepumpt, die Beutel kontrolliert und Sonnencreme dazu gepackt – die hatte ich am Vortag vergessen. Dann heißt es: anstehen am Dixi-Klo, das gehört einfach dazu. Danach geht’s ab zum See.

Wellen, Wasserpflanzen und wilde Fans

Ich ordne mich beim Schwimmstart weit vorn ein, weil ich eine gute Schwimmzeit erwarte – und weil ich weiß, dass man ruhig etwas optimistischer starten kann.
Trotzdem bin ich nicht ganz dort, wo sich die Schwimmer mit ähnlicher Zielzeit einreihen. Also muss ich viele überholen – das ist ein bisschen schade, denn dadurch bin ich oft allein auf weiter Flur.

Je weiter wir hinausschwimmen, desto welliger wird der See. Glücklicherweise finde ich dann doch ein oder zwei Schwimmer, an denen ich mich dranhängen kann. Ein höheres Tempo kann ich aber nicht mitgehen – nicht aus Kraftgründen, sondern weil ich sofort heftig zu schwitzen beginne. Die Seetemperatur wurde wohl sehr optimistisch gemessen.

Die letzten 1.000 Meter führen durch den Lendkanal – ein schmaler Kanal ins Landesinnere. Hier ist das Wasser überraschend kühl und reichlich mit Wasserpflanzen bestückt. Da bin ich auch mal froh über meine kurzen Arme: weniger Kontakt mit dem botanischen Unterwasserpark.

Am Ufer: Fans in Jubellaune. Und auch der Ausstieg zur Wechselzone ist gesäumt von jubelnden Menschen – man fühlt sich auf dem roten Teppich fast wie bei einem royalen Empfang in Neopren.

Auf dem Rad: Höhen, Hitze und Gänsehaut

Dann geht es aufs Rad – und das startet gleich spektakulär. Es geht leicht bergab, direkt am Ufer entlang. Die Geschwindigkeit ist enorm – fast schon beängstigend. Ich frage mich, wann wir das alles wieder hochfahren müssen. Aber zunächst genieße ich die ersten Kilometer.

Dann kommen die zwei bekannten Anstiege. Sie sind aber weniger schlimm als erwartet – dafür ist es brutal heiß, und die Luft steht. Leider füllt Ironman die Wasserflaschen an den Stationen nur halb. Ich habe nur einen Flaschenhalter für Wasser dabei und muss damit jeweils bis zur nächsten Station kommen. In den Anstiegen wird das zum Problem: trinken oder kühlen? Beides ist kaum möglich.

Die erste Runde endet trotzdem gut. In der zweiten wird es deutlich zäher. Nach 120 Kilometern habe ich schwer zu kämpfen – vermutlich wegen der nochmals gestiegenen Temperaturen.

Zwischendurch ein Gänsehautmoment: Eine Gruppe hat ihr Zelt auf einem Hügel aufgebaut, Musik läuft, und ihre Anfeuerungen hallen als Echo von den Bergen zurück. Der Klang ist so eindrucksvoll, dass mir eiskalt wird – Gänsehaut, mitten in der Gluthitze. Und das passiert in der zweiten Runde noch einmal.

Generell gibt es sonst recht wenig Zuschauer. Aber wer braucht sie, wenn einem grüne Berge und blaue Seen in ihrer vollen Schönheit entgegenknallen? Ich genieße es, diese Natur ab und zu für mich allein zu haben – oft sehe ich bis zum Horizont keinen Radfahrer.

Leider wird die Versorgung in Runde zwei schlechter: Das Iso-Getränk geht zur Neige, Gels und Riegel sind nicht mehr überall erhältlich. Ich brauche es nicht dringend, da ich genug dabei habe – aber ich denke an die Athleten hinter mir. Jedoch wird sogar das Wasser knapp, für mich gibt es dieses einmal nur noch am Ende der Versorgungszone.

Auf der Laufstrecke: Eiswürfel, Sonne und Musik im BH

Ein bisschen erschöpft, aber optimistisch komme ich zurück in die Wechselzone. Ich muss mich zu Beginn des Laufens bremsen – ein gutes Zeichen. Schon nach wenigen Metern ruft mein Mann laut meinen Namen. Er hat ein paar Österreicherinnen am Streckenrand motiviert, mit anzufeuern – großartig!

Die Sonne knallt brutal vom Himmel, der weiße Kieselweg reflektiert sie zusätzlich. Bei Kilometer vier denke ich: „Jetzt ist zu früh zum Jammern.“ Also einfach weiterlaufen.

Ab dem nächsten Verpflegungspunkt nehme ich Eiswürfel in die Hand und kippe einen Becher in den BH – plötzlich bin ich nicht nur besser gekühlt, sondern auch rhythmisch untermalt. Das Eis klappert lustig in der Kleidung – manchmal höre ich es noch, obwohl es längst geschmolzen ist. Ich bin eine kleine Rassel im Ironmankonzert. Dieser Gedanke begleitet mich über viele Kilometer.

Der zweite Teil der Strecke führt durch die Innenstadt. Die Stimmung ist dort trotz Livemusik eher mäßig – und auf dem Pflaster ist es brutal heiß. Vermutlich zu heiß auch für Zuschauer.

Halbmarathon durch – aber wo ist das Eis?

Am Strandbad vorbei, ein Gruß vom Mann – der Halbmarathon ist geschafft. Voller Hoffnung auf eine starke zweite Hälfte kommt der Dämpfer: kein Eis mehr. Auch an den nächsten Stationen gibt es keins. Das Tempo sinkt.

Immerhin: Ich komme mit meiner geplanten Energieversorgung klar. Die süßen Gele gehen gut runter. Dann wird der Himmel dunkler, am Horizont fast schwarz – Unwetter im Anmarsch. Ich rechne: noch fast ein halber Marathon. Reicht das, um trocken ins Ziel zu kommen?

Zunächst bringt die Abkühlung Erleichterung, auch wenn die Beine immer schwerer werden. Ich trabe weiter gemäß dem Motto: Nicht denken, nur laufen. Wenn andere jammern oder schimpfen, schalte ich auf Durchzug.

Ich nehme die schönen Momente bewusst wahr und lenke mich von den schweren Schritten ab: Vorgärten, Plakate, schräge Musik im Park, Fans mit Bier. Immer wieder höre ich meinen Namen, untermalt von tosendem Applaus. Die Muskeln, die mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern, kann ich weiterhin problemlos ansprechen. Plötzlich steht da die 38-Kilometer-Marke. Ein paar Tropfen fallen – aber das Gewitter bleibt aus.

Ziel erreicht – und ein Bier später nach Hawaii?

Die letzten zwei Kilometer sind noch zäher als die letzten zwanzig davor. Der Kopf jubelt schon – aber der Körper streikt. Erst auf der Ziellinie meldet sich das gute Gefühl zurück, als hätte es sich die ganze Zeit hinter dem Zielbogen versteckt. Ich verteile ein paar Luftküsse in die Zuschauermassen und bedanke mich – vor allem bei mir selbst. Das sollte man auch mal tun, wohlwissend, dass viele zum Gelingen beigetragen haben.

Schön, da bei großen Rennen nicht immer üblich: Nach dem Ziel passiert man noch einen öffentlichen Teil vor dem Athletenzelt – so treffe ich gleich meinen Mann für einen kurzen Austausch. Dann: ab unter die Dusche. Ein Traum. Fünf Duschen für zwei Frauen, fünf für 50 Männer – die Quote stimmt.

Das Essensangebot ist gut und ein Becher Murauer Bier gehört zum Finisher-Foto.
Das Finisher-Shirt begeistert: ein Langarmshirt mit Kapuze – endlich mal was anderes. Und natürlich: die riesige Medaille!

Aloha, Klagenfurt – wie ich doch noch „Ja“ sagte

Zurück in der Wechselzone packen wir alles zusammen. Ich realisiere: Ich habe meinen ersten Hitze-Ironman bei über 30 Grad Lufttemperatur geschafft. Brutal, aber irre.

Am Abend dreht sich alles um die Slotvergabe. Für mich war Hawaii nie das große Ziel – und ganz sicher nicht der Grund, warum ich mich den magischen 226 Kilometern verschrieben habe. Statt Vorfreude sammelt sich in meinem Kopf eine Parade aus Gegenargumenten, die lauter marschieren als jede Fankurve an der Strecke. Die ganze Nacht liege ich wach – auch weil mich der Gedanke an schmelzende Eiswürfel verfolgt.

Am nächsten Morgen bin ich noch immer unentschlossen – aber ich gehe zur Slotvergabe. Ich treffe sofort nette Athletinnen, die einem möglichen Qualifikationsplatz entgegenfiebern, und das ist extrem ansteckend. Alle Zweifel sind weg und tatsächlich fange ich an, nervös zu werden. Durch das Roll-Down gibt es fünf Plätze in meiner Altersklasse, ich bin Achte.

Unsere Altersklasse wird aufgerufen. Die Erstplatzierte verzichtet, die Zweitplatzierte auch. Die Dritte nimmt den Slot. Meine Tischnachbarin, die Vierte, freut sich riesig und ich mich mit ihr. Und dann höre ich meinen Namen. Ich sage Ja. Was jetzt kommt, werden wir sehen. Vielleicht erfülle ich mir einen Traum, den ich bisher noch nie geträumt habe.

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